Nun sind die Koffer wieder gepackt für die nächste Reise. Rose bringt uns zum Flughafen in Bunia. Das Einchecken braucht Zeit, aber der Flieger der lokalen Airline ist pünktlich und wir kommen abends in Goma an – mit einer Zwischenlandung in Beni, dem Epizentrum der Ebola-Epidemie. Die Stadt Goma ging durch die deutschen Medien, weil es dort inzwischen 4 Ebola-Fälle gibt, die aus zwei Infektionsketten hervorgegangen sind. Angesichts des Elends der letzten Tage, der Gewalt und dem Terror, ist das auch für mich relativ.
Goma ist eine Millionenstadt an der Grenze zu Rwanda am Fuße eines Vulkans, die vor fast 20 Jahren durch einen Vulkanausbruch zerstört wurde. Damals gab es viele Tote. Wir spüren in der Stadt nichts von einer Angst vor Ebola, aber hier sind Militär und UN-Präsenz sehr viel sichtbarer. Die Wasseranlagen sind da zum Händewaschen. Hier haben sich neben der UN und ihren Organisationen auch viele große NGOs niedergelassen. Von hier aus planen sie ihre Einsätze – in die Gegenden, die so ganz anders aussehen und von schwerer Armut und Terror geprägt sind, und nun auch mit Ebola kämpfen. Irgendwie passt das, was ich hier sehe, nicht mit der Not zusammen, die ich die letzten Tage in Bunia und Isiro erlebt habe. Es ist fast eine surreale Situation. Aber uns bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken, denn es geht weiter zur letzten Etappe unserer Reise, über den Kivu See nach Bukavu.
Wir sind pünktlich am Hafen um 06:15 und können gleich einchecken für das Schnellboot nach Bukavu. Die ca. 250km legt das Boot in 3 Stunden zurück. Es ist der schnellste Weg nach Bukavu. Es ist eine ruhige und sonnige Fahrt über den See. Die Berge ringsherum lassen einen die Schatten der vergangenen Tage fast vergessen.
Und dann legt das Schiff an. Der Hafen in Bukavu ist völlig zugeparkt. Eine Militärdelegation ist gerade unterwegs, aber auch sonst ist an diesem Montag in der ganzen Stadt viel Betrieb. Menschen, Motorräder und Autos überall. Dr. Mihuhi schlängelt sich gekonnt zwischen allen durch. Wir werden im Guesthouse der Evangelischen Universität in Afrika aufgenommen und dann geht es auch schon ins Panzi-Hospital, wo wir den Friedensnobelpreisträger Dr. Denis Mukwege treffen wollen.
Das SWR-Team soll in der Woche hier filmen und dafür müssen die Vorbereitungen getroffen werden. Für mich geht es darum, mit unseren Projektpartnern zu sprechen und zu sehen, wo sie stehen und wie die Arbeit weitergehen kann.
Im Panzi-Krankenhaus bei Dr. Denis Mukwege
Der Tag im Panzi-Krankenhaus beginnt immer früh am Morgen. Bei der täglichen Andacht treffen sich Mitarbeitende und Patientinnen und Patienten zum Singen und Gebet. Mir gefallen die tollen selbstgemachten Rhythmusinstrumente aus einer Milchpulverdose, die mit Reiskörnern oder Bohnen gefüllt sind. Die Frauen sind fröhlich und es zeigt sich, wie ihr Glaube ihnen Kraft und Rückhalt gibt. Heute darf sogar eine Frau predigen. Etwas ganz besonderes hier im Kongo.
Denis Mukwege hat heute seinen OP-Tag. Es stehen 11 Operationen auf dem Programm, die er sich mit seinem Team aufteilt. Wieder sind Frauen dabei, die mit Fisteln kommen. Die erste Frau operiert er nun zum 4. Mal. Bei diesen schweren genitalen Verletzungen braucht es manchmal mehrere Operationen. Aber inzwischen haben sie auch am Panzi-Hospital endoskopische Möglichkeiten und können bessere Resultate erzielen. Die jungen Gynäkologen im Team von Dr. Mukwege sind gut ausgebildet und halten die Arbeit aufrecht, wenn er auf seinen vielen Reisen nach dem Friedensnobelpreis unterwegs ist.
Auf meinem Weg zum Kompetenzzentrum Denis Mukwege, das Gewaltursachen erforschen und Frauen aus- und weiterbilden soll, komme ich bei den Patientinnen vorbei, die gerade Frühstück bekommen. Auch das trägt mit zu einem guten Heilungsprozess bei. Dann beginnt für mich die Arbeit mit dem Team von Dr. Furaha, der Leiterin des Kompetenzzentrums. Gemeinsam beraten wir, wie die Arbeit weiterentwickelt werden kann und welche Strukturen dazu notwendig sind. Toll, wenn sich junge Menschen für etwas einbringen.