Auf dem heutigen Programm steht die Besichtigung des Krankenhauses von Nebobongo. Der OP ist gut eingerichtet und alle Stationen sind mit Solarstrom ausgestattet. Einige Gesichter der Mitarbeitenden kenne ich noch von meinem Besuch vor 10 Jahren. Viele junge Fachkräfte sind dazugekommen. Stolz zeigt mir der Pharmazeut seine Krankenhausapotheke. Er wurde vom Difäm als Pharmazeutisch-Technischer Assistent (PTA) ausgebildet und versorgt nun das 100-Bettenkrankenhaus mit allem, was nötig ist.
Im Laborgebäude, das wir hier vor einiger Zeit gebaut haben, haben alle diagnostischen Einheiten einen Platz gefunden: Die Laborräume, die Beratungsstelle für HIV und der Ultraschall. Nur das alte Röntgengerät hat seinen Geist aufgegeben. Schade, wenn man alte Geräte, die niemand warten kann, über den Ozean schickt. Für den Transport hätte man ein neues einfaches Gerät kaufen können, dass lokal gewartet werden kann.
Seit die Straße gebaut ist, hat die Zahl der Verkehrsunfälle drastisch zugenommen. Ein kleines Mädchen mit beidseitigen Unterarmfrakturen und einer Kopfverletzung ist ein Beispiel dafür. Eigentlich müsste man jetzt eine Orthopädie aufbauen. Der OP hätte einige Grundvoraussetzungen dafür, aber dazu braucht es ein gutes Röntgengerät und einen Orthopäden, der das Fachwissen mitbringt.
Beim Besuch der Chirurgie stellt mir Dr. Amani den jungen Benjamin vor: Er ist 15 Jahre alt und hatte sich beim Fußballspielen eine Oberschenkelfraktur zugezogen. Leider wurde er zum traditionellen Heiler geschickt, der ihm eine Holzschiene verpasst hat und dabei die Durchblutung des Beines abgeschnitten hat. Benjamin kam mit einer schweren Sepsis im Krankenhaus an. Man versuchte das Bein zu retten, es war aber zu spät. Es blieb nur die Oberschenkelamputation. Was das für einen jungen Menschen in diesem Land bedeutet, kann man nur erahnen.
Nema ist ein kleines Mädchen, das wir im Dorf sehen. Sie hat einen Klumpfuss und sollte dringend operiert werden. Leider gibt es dafür in der gesamten Provinz keine Einrichtung, die das kann. Sie ist schon 5 Jahre alt und leidet an den Konsequenzen ihrer Behinderung. Ohne korrektive Operationen wird sie ein schwieriges Leben vor sich haben. Dr. Jean Claude wird in Kampala in Uganda nachfragen, ob die Orthopädische Klinik der Christophel Blinden Mission weiterhelfen kann. Für die Eltern von Nema wäre das eine Weltreise.
Austausch in der Krankenpflegeschule
Den Rest des Vormittags findet ein intensiver Austausch mit der Krankenpflegeschule statt. Die Schüler haben seit zwei Wochen Ferien, aber das Kernteam ist da. Es gilt die neuen Kurse für September vorzubereiten. Voraussetzung für die Ausbildung ist das 10. Schuljahr. Aufgebaut wurde die Ausbildung vor über 50 Jahren auf Kisuaheli. Der Gründer der Schule wurde beim Mai-Mai Aufstand 1964 entführt und getötet. Aber man hat nie aufgegeben. Seit den 80iger Jahren wird in Französisch unterrichtet und 2008 wurde die Schule auf das Level A2 hochgestuft. Das Level entspricht einer 4-jährigen Ausbildung und damit der deutschen Gesundheits- und Krankenpflegerausbildung. Vor einigen Jahren kam die Hebammenausbildung dazu. Und heute gibt es auch eine Ausbildung zum Medizinisch-Technischen Assistenten (MTA). Inzwischen ist die Regierung auf diese Schule aufmerksam geworden. Der Medizinische Leiter der Provinz will diese Schule nun zu einem Pilotprojekt machen, um neue Unterrichtsmethoden einzuführen und zu besseren Ergebnissen zu gelangen. Eine Chance, für die es wiederum viele Anforderungen gibt. Wir verbringen ein paar intensive Stunden, und überlegen gemeinsam, wie man hier am besten vorgeht.
Bei einem kurzen Rundgang durch die sehr renovierungsbedürftigen Klassenzimmer und den Wohnraum der Studenten begegnet mir Viktor, ein 24-jähriger Krankenpflegeschüler. Er ist im 2. Jahr und bleibt während der Ferien hier: „Ich wohne 340 km weit weg, es ist unmöglich dahin zu reisen. Daher bleibe ich hier und bestelle meinen Garten. Das reduziert Kosten, wenn wir wieder mit der Ausbildung beginnen.“ Viktor möchte später gerne in der Chirurgie arbeiten. Seine Eltern sind einfache Bauern und er hat durch die Kirche von dieser Ausbildung erfahren. Man spürt, dass für ihn schon der Schritt aus seinem Heimatdorf, das noch abgelegener ist als Nebebongo im Norden des Landes, ein großer Schritt nach vorne ist. Auf jeden Fall will er seine Chance nutzen. Er ist einer von 30 Stipendiaten, die das Difäm an der Schule fördert. Wenn ich ihn so sehe, dann weiß ich, dass das Geld gut angelegt ist, wenn junge Menschen, die überhaupt keine Perspektive haben, hier eine Ausbildung bekommen. Es ist eine kleine Schule, weit weg von den Zentren dieser Welt, aber sie schafft Möglichkeiten für junge Menschen, Wege aus der Armut finden und dabei einen wichtigen Beitrag für ihr Gesundheitssystem zu leisten. Ich wünsche mir, dass Viktor den Sprung in eine Anstellung schafft, sein neu gewonnenes Wissen einsetzen und damit hoffentlich auch mal eine Familie ernähren kann.