Gesundheit auf Dorfebene

In den Zimmern von Jacky`s gibt es alles, was man braucht – und noch mehr. Ich zähle 15 Anti-Kakerlaken-Kugeln. Zum Frühstück teilen Olaf und ich uns einen mitgebrachten Corny Müsliriegel. Dann geht es los.

Wir haben ein volles Tagesprogramm. Als erstes besuchen wir das Methodistische Ganta Hospital. Dr. Charly, der im vergangenen Jahr bei uns in Tübingen zu Gast war, begrüßt uns und führt uns herum. Auch hier sehen wir wieder die Händewaschvorrichtungen für das Klinikpersonal, die Patienten und Besucher, die seit der Ebola-Epidemie überall stehen. Aber Ebola ist eben nur eine von vielen Krankheiten, die hoch ansteckend sind. Auch Cholera, Typhus und weitere Infektionen treten hierzulande häufig auf.

Dr. Charly (rechts) mit dem Pharmazeuten des Ganta Hospital

Neben dem Infektionsschutz sind die Versorgung von Schwangeren und die Geburtshilfe wichtige Themen, zu denen wir mit den Mitarbeitenden des Ganta Hospitals und zwei weiteren Kliniken in Guinea zusammenarbeiten. In den vergangenen zwei Jahren waren ein Gynäkologe und eine Hebamme aus Baden-Württemberg im Auftrag des Difäm vor Ort und schulten das Krankenhauspersonal in Ultraschalldiagnostik und im Umgang mit Geburtskomplikationen. Hebammen, Pflegekräfte und Ärzte aus der grenzüberschreitenden Projektregion lernten, Risikoschwangerschaften besser zu identifizieren und zu behandeln.

Zudem wurden die großen Einrichtungen sowie kleine Gesundheitsstationen in der Regenwaldregion nicht nur mit einer Instrumentenbox für Entbindungen, sondern auch mit einem Smartphone und einer Safe-Delivery-App ausgestattet. Die App dient als Nachschlagewerk und soll mit regelmäßigen Fragen das Wissen der Fachkräfte vertiefen und festigen. Anschließend erhielten Einblicke in das neue Medikamentenlager.

Unsere Kollegin Ute Papkalla, die das Projekt vom Difäm aus betreut, wird heute Nachmittag zu uns stoßen. Sie war zwei Wochen lang in Guinea unterwegs und hat dort Projektpartner besucht. Sie wird mit uns nach Monrovia zurückfahren, um von dort aus den Rückflug anzutreten.  

Mittlerweile sind wir eine Gruppe von zehn Personen, die sich den Weg durch die Patientenzimmer bahnen, die Einrichtungen begutachten und fotografieren. Und ich glaube, wir hinterlassen ein ziemlich merkwürdiges Bild bei den Patientinnen und Patienten, die uns hinterherschauen.

Am Nachmittag besuchen wir eine Gemeinde mitten im Regenwald, die mit wenigen Mitteln ihre Gesundheitssituation selbst verbessert.

Angefangen hatte alles mit Ebola und dem verloren gegangenen Vertrauen in die Gesundheitseinrichtungen. Aber auch vorher hatten Teile der Bevölkerung Liberias die Gesundheitsangebote nicht wahrgenommen. Dem sind Mitarbeitende der Christian Health Association of Liberia in Gesprächsrunden nach der sogenannten SALT-Methode auf den Grund gegangen. Da die Gesundheitsfachkräfte häufig nicht bezahlt wurden und überlastet waren, reagierten sie manchmal schroff und behandelten die Patienten nicht. Gemeinsam mit den Dorfgemeinschaften wurde deshalb überlegt, wie sie die Gesundheitssituation selbst verbessern können.

S A LT ist ein Ansatz wertschätzender Kommunikation und steht für die englischen Wörter stimulate (anregen), appreciate (wertschätzen), listen/learn (zuhören, lernen) und transfer (übertragen). In Gruppenarbeit und mit Rollenspielen stießen die CHAL-Beauftragten in den Dörfern zentrale Fragen an: Wer sind wir als Dorfgemeinschaft, was können wir aus eigener Kraft in unserer Gemeinde verbessern und verändern? Wo stehen wir in Bezug auf die Gesundheit unserer Dorfmitglieder? Welchen Traum haben wir, wenn es um unsere Gesundheit geht?

Das Ergebnis war beeindruckend: Es waren feste Toiletten entstanden, wo Menschen vorher in den Busch gingen, Tiere liefen nicht mehr frei durch die Behausungen und Müll wurde gesammelt. Durch diese Maßnahmen ging die Anzahl der Durchfallerkrankungen zurück. Auch das Vertrauen der Menschen in die Gesundheitsstationen kehrt langsam zurück.

Mittlerweile knurrt mein Magen deutlich hörbar. Aber auch Olaf und Patricia von CHAL sind müde und hungrig. Daher fahren wir erst mal in ein Restaurant und machen Pause. Es gibt Reis mit einer sehr leckeren dunklen und gut gewürzten Soße mit Kidneybohnen und zarten Rindfleischstücken.

Als wir beim Nachtisch, Kokosnuskuchen und Erdnusskeksen, angekommen sind, kommt Ute und wir treten den Rückweg nach Monrovia an. Nach vier Stunden Autofahrt kommen wir an und fallen ins Bett im Murex Hotel.