Medizinische Arbeit der Kirchen

Heute bin ich unterwegs zum Koordinationsbüro der medizinischen Arbeit der evangelischen Kirchen im Ostkongo (Département des Œuvres Médicales). Nach wie vor wird die Gesundheitsversorgung im Ostkongo bis zu 70 Prozent von kirchlichen Trägern wahrgenommen. Ihre Arbeit stellt die Basisversorgung der über 4.6 Millionen Menschen in der Region und ist eine wichtige Ergänzung zu den staatlichen Gesundheitsstrukturen. Das Team begleitet und fördert inzwischen 316 Gesundheitseinrichtungen unterschiedlicher Kirchen, die in der Dachorganisation der evangelischen Kirchen (Eglise du Christ au Congo, ECC) zusammengeschlossen sind. Das Difäm unterstützt die medizinische Koordination der ECC seit mehr als zehn Jahren mit Workshops, Beratung und finanziellen Hilfen.

Wir sind früh losgefahren, kommen aber direkt in einen großen Stau. Ich mache mir keine großen Gedanken, denn das ist in Bukavu meistens so. Aber dann scheint sich nichts mehr zu bewegen und mir fällt auf, dass eine große Gruppe Menschen irgendwo ca. 200 m vor uns, auf der Straße ist. Viele junge Menschen, die aufgebracht sind. Ein Unfall? Es ist keine Polizei da. Also abwarten. Mein Fahrer schließt vorsichtshalber alle Fenster und ich bin froh, dass er eine Zentralverriegelung hat.

Wegezoll für eine Beerdigung

Langsam geht es dann wieder vorwärts. Mir fällt auf, dass die jungen Leute irgendein Bild zeigen, irgendetwas muss passiert sein. „Hast Du 500 kongolesische Francs“, fragt mich der Fahrer? Eine Straßensperre. Die Person auf dem Bild ist wohl verstorben, und so hat man eine Straßensperre errichtet, um das Geld für die Beerdigung zu bekommen. Na ja, noch mal gut gegangen…

Ausstattung für bessere Schwangerenvorsorge

Das Team des Koordinationsbüros nimmt unter anderem Supervisionen in den Gesundheitseinrichtungen wahr: Was gibt es an Personal, haben die Mitarbeitenden die notwendige Ausbildung, welchen Zustand haben die Gebäude, wie sieht die Ausstattung der Einrichtungen aus – und wo gibt es Verbesserungsbedarf? Das Team berät und unterstützt die jeweiligen Einrichtungen bei der Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen. Daneben sind die Mitarbeitenden für den Wiederaufbau zerstörter Gebäude, die Aus- und Weiterbildung des medizinischen Personals und die Versorgung mit essentiellen Medikamenten und Verbrauchsmaterialien verantwortlich. Immer noch gibt es Zeiten, in denen bestimmte Medikamente nicht vorhanden sind. Auch die Finanzierung der laufenden medizinischen Versorgung ist ein wichtiges Thema.

Bei unserer Besprechung ist das Team motiviert und berichtet von den Erfolgen und Schwierigkeiten ihrer Arbeit. Im vergangenen Jahr konnten viele Einrichtungen besser ausgestattet werden: „Es macht einen Riesenunterschied, dass wir jetzt auch ein Ultraschallgerät haben, damit sind unsere Schwangeren besser versorgt und es kommen mehr Menschen zur Vorsorge in die Einrichtung“. Für uns war es spannend, im vergangenen Jahr die medizinischen Geräte in den Ostkongo zu versenden. Mit Hilfe ökumenischer Kontakte verlief alles reibungslos.

Partnerbesuch in einer fast vergessenen Region

Nach einer langen Reise kamen wir endlich in Arua im Nordwesten von Uganda an. In dem kleinen Ort an der Grenze zum Nordostkongo warteten bereits Sabine und Dr. Matthias Holmer. Sie waren aus dem Kongo rübergekommen, um einzukaufen, und nahmen mich direkt mit über die Grenze nach Aru im Ostkongo.

Gerade angekommen besuchen wir das Krankenhaus der CECA 20, eine evangelische Kirche im Kongo, mit der das Difäm auch in der Flüchtlingshilfe in der Stadt Bunia zusammenarbeitet. Ich spreche lange mit dem jungen leitenden Arzt Dr. Freddy, der Gynäkologe werden will: „Ich will den Frauen helfen. Sie haben so viele Probleme, und deshalb will ich mich hier weiterbilden.“ Einen Studienplatz für die dreijährige Weiterbildung hat er bereits in Kampala, Uganda. Nur die Studiengebühren fehlen ihm noch. Er hat eine unglaublich positive Art mit den Patienten umzugehen und engagiert sich in dem Krankenhaus. Die Entwicklungen in der Klinik bestätigen dies. Es ist selten, dass ein so junger Arzt bereit ist, in solch einer abgelegenen Gegend zu arbeiten.

Trotz Goldmine kaum Entwicklung

Um das Warten auf den kleinen Flieger abzukürzen, gibt es noch eine Tasse Kaffee auf der Missionsstation von Diguna. Der Flughafen in Aru, besteht aus einem kleinen Gebäude, das aber streng von Militär und Polizei bewacht wird. Wir sind hier ca. 180 km von einer großen Goldmine entfernt. Daher ist man hier nahe der Landesgrenze zu Uganda vorsichtig. Die Mine wird von Südafrika betrieben und wirft viel ab. Nur für die lokale Bevölkerung bleibt nichts übrig. Und man sieht es: in Aru hat sich in den vergangenen Jahren kaum etwas geändert. Die Menschen sind arm und die Jungen haben kaum eine Perspektive.

Nun ist der kleine Flieger des Missionsflugdienstes MAF auf der Sandpiste gelandet. Es gibt außer mir noch einen Passagier. Er kommt aus London und ist für ein Wild Life Consortium unterwegs. David Petersen, der Pilot wiegt jedes Gepäckstück genau ab, dann müssen wir selbst auf die Waage. Alles wird im Heck des Fliegers verstaut. Und ich steige zum ersten Mal in eine so kleine Maschine ein. Gut, dass der Himmel keine Zeichen von Gewitter hat. Und dann geht es auch schon los.

Wir fliegen in ca. 3000 Meter Höhe über den Regenwald. Selten sieht man mal ein Dorf. „Hier fliege ich manchmal zwei Stunden und sehe nur Wald unter mir“, erzählt mir David. Er fliegt seit vier Jahren mit MAF im Kongo. „Mir macht meine Aufgabe Spaß. Wir sind keine Airline, die primär Geld verdienen will. Wir sind da, um zu helfen. Manchmal fliegen wir auch Patienten aus abgelegenen Orten raus in das nächste Krankehaus.“ David ist in Burkina Faso geboren und lebt mit seiner Familie in Nyankunde nahe des großen Krankenhauses südlich, das – ebenso wie das Krankenhaus in Nebobongo, wo ich jetzt hinfliege -, von der britischen Ärztin Dr. Helen Roseveare gegründet wurde. Eine Pionierleistung.

Eine vergessene Region

Ich bin fasziniert über die Schönheit der Natur unter uns. Außer mit harmlosen Quellwolken muss sich unser kleiner Flieger mit nichts auseinandersetzen. Nach zwei Stunden Flug landen wir in Isiro und ich werde bereits erwartet: Der Kirchenpräsident Reverend Modibale der evangelische Kirche CECCA 16 im Kongo und seine Frau sowie Dr. Jean Claude und sein Team sind an den Flughafen gekommen.

Isiro ist die Hauptstadt der Provinz Haut Uele. Im Süden grenzt Haut Uele an die Provinz Nordkivu an, im Osten an die Provinz Ituri und im Norden an den Südsudan. Umringt von Krisenregionen ist es hier relativ ruhig. Aber es wird auch schnell deutlich, dass dies eine der vergessenen Regionen des Kongo ist. Es gibt kaum Infrastruktur – zum ersten Mal gibt sogar meine kongolesische SIM-Karte auf und von Internet ist weit und breit keine Spur.

In dieser Region gibt es keine Büros von Oxfam, World Vision oder Safe the Children… es bewegen sich keine Landcruiser von großen internationalen Organisationen auf der Straße und auch kein Auto der UN, wie man sie an vielen anderen Stellen in Afrika sieht. Die Stadt ist ruhig, auf den Straßen werden große Lasten auf Fahrrädern bewältigt. Wer von A nach B will, setzt sich auf ein Motorrad. Supermärkte – Fehlanzeige. Kleine Stände am Straßenrand verkaufen ein wenig Zucker, Seife, Streichhölzer und was man sonst noch alles braucht. Ein kleiner Markt versorgt die Bevölkerung mit Gemüse und Fleisch – ansonsten gibt es hier nicht viel. Da ist ein Besuch aus Deutschland etwas Besonderes, und so geht es gleich vom Flughafen zum Büro des regional Verantwortlichen für Gesundheit, dann zum Gesundheitsminister der Region und am nächsten Tag zum Gouverner der Provinz. Sie alle sind dankbar über die Unterstützung im Aufbau des Gesundheitssystems in der Region, die wir zusammen mit der Kirche CECCA 16 leisten.

Am Abend bin ich zum Haus des Vizepräsidenten eingeladen, zusammen mit Vertretern der Kirchenleitung der CECCA 16 und dem Büro für medizinische Arbeit der Kirche. Aber davor braut sich noch ein richtiges Gewitter zusammen. Jetzt tut die Abkühlung richtig gut. Es gibt Reis, gekochte Bananen und gekochte Kassavablätter mit Hühnchen. Nach dem langen Tag istes gut, wieder etwas Warmes im Magen zu haben.