Motorrad statt Krankenwagen

Nach Sonnenaufgang brechen wir an diesem Tag auf, um nach Boma Mamgbetu zu fahren und das Distriktkrankenhaus der evangelischen Kirche CECCA 16 zu besuchen. Bei meinem letzten Besuch vor 10 Jahren gab es nur Lehmhütten und Strohdächer. Neben diesen alten provisorischen Bauten gibt es hier inzwischen immerhin zwei Gebäude aus Stein.

0,1 Cent für Krankentransport

Die Straße ist gut ausgebaut, bis ca. 10 km vor Boma. Für die ersten 40 km brauchen wir 50 Minuten, für die nächsten 10 km ebenso 50 Minuten – an einer Stelle brauchen wir den vollen Allradantrieb, um durchzukommen. Hier wird mir wieder bewusst, wie wichtig eine Straße sein kann und wie sie alles verändert: Die Menschen siedeln sich schnell an, kommen aus den Dörfern im Busch, es wird Handel betrieben und man erreicht im Notfall schnell die nächste Gesundheitsstation.

Abseits dieser Straße sehen die Wege jedoch ganz anders aus. Da das Gelände für einen Krankenwagen unpassierbar wären, ist das Team vom Boma Krankenhaus mit zwei Motorrädern im Einsatz, um Schwangere und Schwerkranke ins Krankenhaus bringen zu können. Das Ganze finanziert sich dadurch, dass bei jeder Behandlung 100 kongolesische Franc (etwa 0,1 Cent) abgezogen werden.

Neben den Motorradtaxis gibt es auch Fahrradtaxis. Sie haben sich das Fahrrad mit Bambus verstärkt und transportieren Personen, aber auch große Mengen an Holz, Öl, Benzin oder was man sonst zum Leben braucht.

Markttag und Schulabschlussfeier

Nach einer Strategieberatung für das Koordinationsbüro der Medizinischen Arbeit der Kirche mache ich abends noch einen Spaziergang durch das Dorf. Heute war Markttag und viele sind jetzt auf dem Weg nach Hause. Die Frauen haben viel Gemüse in ihren Taschen und Körben, dazwischen mal Bananen und dann vor allem Palmöl. Die Bananenblätter dienen als Teller und darin werden auch Bananen oder Gerichte mit Mais- und Manjo gekocht.

An diesem Abend sind viele junge Leute unterwegs, mit viel Gehupe auf ihren Motorrädern. Es gibt Grund zu feiern: Sie haben die 10. Klasse geschafft und zur Feier des Tages streut man sich Mehl oder Puder – jedenfalls etwas weißes – über den Kopf. Und der kleine Bruder und die stolze Mama machen auch gleich mit. Wie es für sie weitergehen wird? Immer wieder wird deutlich, wie beschränkt die Möglichkeiten sind. Dass jemand von ihnen den Sprung in eine der großen Städte macht, an eine Universität darf: Eher die große Ausnahme.

Dr. Felicité hat mich eingeladen, doch noch kurz bei ihr vorbeizuschauen. Dr. Felicite ist Ärztin und arbeitet seit vielen Jahren am Krankenhaus. Ihre Kinder haben es geschafft, sie haben ihre Ausbildung meist fertig oder sind bereits in Anstellung. Einer von ihnen wartet noch auf einen Platz für ein Masterstudium in Informatik.

Besuch im Krankenhaus von Nebobongo

Auf dem heutigen Programm steht die Besichtigung des Krankenhauses von Nebobongo. Der OP ist gut eingerichtet und alle Stationen sind mit Solarstrom ausgestattet. Einige Gesichter der Mitarbeitenden kenne ich noch von meinem Besuch vor 10 Jahren. Viele junge Fachkräfte sind dazugekommen. Stolz zeigt mir der Pharmazeut seine Krankenhausapotheke. Er wurde vom Difäm als Pharmazeutisch-Technischer Assistent (PTA) ausgebildet und versorgt nun das 100-Bettenkrankenhaus mit allem, was nötig ist.

Im Laborgebäude, das wir hier vor einiger Zeit gebaut haben, haben alle diagnostischen Einheiten einen Platz gefunden: Die Laborräume, die Beratungsstelle für HIV und der Ultraschall. Nur das alte Röntgengerät hat seinen Geist aufgegeben. Schade, wenn man alte Geräte, die niemand warten kann, über den Ozean schickt. Für den Transport hätte man ein neues einfaches Gerät kaufen können, dass lokal gewartet werden kann.

Seit die Straße gebaut ist, hat die Zahl der Verkehrsunfälle drastisch zugenommen. Ein kleines Mädchen mit beidseitigen Unterarmfrakturen und einer Kopfverletzung ist ein Beispiel dafür. Eigentlich müsste man jetzt eine Orthopädie aufbauen. Der OP hätte einige Grundvoraussetzungen dafür, aber dazu braucht es ein gutes Röntgengerät und einen Orthopäden, der das Fachwissen mitbringt.

Beim Besuch der Chirurgie stellt mir Dr. Amani den jungen Benjamin vor: Er ist 15 Jahre alt und hatte sich beim Fußballspielen eine Oberschenkelfraktur zugezogen. Leider wurde er zum traditionellen Heiler geschickt, der ihm eine Holzschiene verpasst hat und dabei die Durchblutung des Beines abgeschnitten hat. Benjamin kam mit einer schweren Sepsis im Krankenhaus an. Man versuchte das Bein zu retten, es war aber zu spät. Es blieb nur die Oberschenkelamputation. Was das für einen jungen Menschen in diesem Land bedeutet, kann man nur erahnen.

Nema ist ein kleines Mädchen, das wir im Dorf sehen. Sie hat einen Klumpfuss und sollte dringend operiert werden. Leider gibt es dafür in der gesamten Provinz keine Einrichtung, die das kann. Sie ist schon 5 Jahre alt und leidet an den Konsequenzen ihrer Behinderung. Ohne korrektive Operationen wird sie ein schwieriges Leben vor sich haben. Dr. Jean Claude wird in Kampala in Uganda nachfragen, ob die Orthopädische Klinik der Christophel Blinden Mission weiterhelfen kann. Für die Eltern von Nema wäre das eine Weltreise.

Austausch in der Krankenpflegeschule

Den Rest des Vormittags findet ein intensiver Austausch mit der Krankenpflegeschule statt. Die Schüler haben seit zwei Wochen Ferien, aber das Kernteam ist da. Es gilt die neuen Kurse für September vorzubereiten. Voraussetzung für die Ausbildung ist das 10. Schuljahr. Aufgebaut wurde die Ausbildung vor über 50 Jahren auf Kisuaheli. Der Gründer der Schule wurde beim Mai-Mai Aufstand 1964 entführt und getötet. Aber man hat nie aufgegeben. Seit den 80iger Jahren wird in Französisch unterrichtet und 2008 wurde die Schule auf das Level A2 hochgestuft. Das Level entspricht einer 4-jährigen Ausbildung und damit der deutschen Gesundheits- und Krankenpflegerausbildung. Vor einigen Jahren kam die Hebammenausbildung dazu. Und heute gibt es auch eine Ausbildung zum Medizinisch-Technischen Assistenten (MTA). Inzwischen ist die Regierung auf diese Schule aufmerksam geworden. Der Medizinische Leiter der Provinz will diese Schule nun zu einem Pilotprojekt machen, um neue Unterrichtsmethoden einzuführen und zu besseren Ergebnissen zu gelangen. Eine Chance, für die es wiederum viele Anforderungen gibt. Wir verbringen ein paar intensive Stunden, und überlegen gemeinsam, wie man hier am besten vorgeht.

Bei einem kurzen Rundgang durch die sehr renovierungsbedürftigen Klassenzimmer und den Wohnraum der Studenten begegnet mir Viktor, ein 24-jähriger Krankenpflegeschüler. Er ist im 2. Jahr und bleibt während der Ferien hier: „Ich wohne 340 km weit weg, es ist unmöglich dahin zu reisen. Daher bleibe ich hier und bestelle meinen Garten. Das reduziert Kosten, wenn wir wieder mit der Ausbildung beginnen.“ Viktor möchte später gerne in der Chirurgie arbeiten. Seine Eltern sind einfache Bauern und er hat durch die Kirche von dieser Ausbildung erfahren. Man spürt, dass für ihn schon der Schritt aus seinem Heimatdorf, das noch abgelegener ist als Nebebongo im Norden des Landes, ein großer Schritt nach vorne ist. Auf jeden Fall will er seine Chance nutzen. Er ist einer von 30 Stipendiaten, die das Difäm an der Schule fördert. Wenn ich ihn so sehe, dann weiß ich, dass das Geld gut angelegt ist, wenn junge Menschen, die überhaupt keine Perspektive haben, hier eine Ausbildung bekommen. Es ist eine kleine Schule, weit weg von den Zentren dieser Welt, aber sie schafft Möglichkeiten für junge Menschen, Wege aus der Armut finden und dabei einen wichtigen Beitrag für ihr Gesundheitssystem zu leisten. Ich wünsche mir, dass Viktor den Sprung in eine Anstellung schafft, sein neu gewonnenes Wissen einsetzen und damit hoffentlich auch mal eine Familie ernähren kann.

Besondere Begegnungen

Früh am Morgen werde ich am Gästehaus abgeholt. Es geht in die Klinik von Isiro, die vor 10 Jahren gebaut wurde. Die Leitung hat heute ein junger und engagierter Arzt, Dr. Jaques. Die Geburtshilfe ist ein großer Teil seiner Arbeit. Immer wieder begegnen ihm auch Frauen mit Fisteln. In Deutschland gehören Scheidenfisteln seit der Einführung von Schwangerenvorsorge, Entbindungen im Krankenhaus und Kaiserschnitten der Vergangenheit an. Weltweit leiden aber immer noch zwei Millionen Frauen an den Verletzungen im Genitalbereich. Fehlende Geburtshilfe, frühe Schwangerschaften und sexuelle Gewalt sind auch im Kongo für Fisteln verantwortlich, die Schmerzen und Inkontinenz verursachen. Die Betroffenen werden oft verstoßen und leben isoliert

Gerne würde Dr. Jaques diesen Frauen helfen. Daher hat er sich für ein Training im Panzi Hospital angemeldet, um die Fistel-Chirurgie zu erlernen. Aber er muss warten, noch befindet er sich auf der Warteliste. Wir hoffen, dass sich das bald wieder ändert. Denn hier in dieser Region wäre er der Einzige, der solche OPs anbieten könnte.

Die Klinik ist viel zu klein für die Anzahl der Patientinnen, die an diesem Morgen zur Schwangerenvorsorge kommen. Überall sitzen die Frauen und warten. Dass es seit ein paar Wochen ein Ultraschallgerät gibt, wird sehr positiv wahrgenommen. Das Difäm konnte diese Klinik mit diesem Gerät ausrüsten und junge Ärzte und Hebammen einlernen. Eine Ärztin im praktischen Jahr sammelt gerade Erfahrungen bei der Untersuchung. Es ist gar nicht so einfach, wie es immer aussieht. Sie will das Alter des Kindes feststellen, aber das Kind bewegt sich ständig. Eine falsche Messung könnte fatal sein, wenn es um die Bestimmung des Geburtstermins geht. Fortlaufende Trainings und Supervision sind weiterhin gefragt.

Auch in diesem relativ kleinen Krankenhaus begegnen mir junge Ärztinnen und Ärzte in der Ausbildung. Sie müssen dieses sechsmonatige Praktikum machen. Doch für den behandelnden Arzt ist die Ausbildung und die Begleitung der angehenden Mediziner neben der Patientenversorgung kaum zu leisten.

Medizinische Versorgung im Aufbau

Dann geht es weiter. Wir sollen uns beim Regierungschef der Provinz vorstellen. Dr. Norbert Mandana heißt uns herzlich willkommen und betont wie wichtig die Unterstützung der Kirche und des Difäm ist. Vor allem die Einrichtung des neuen Informationssystems ist ihm ein Anliegen. Gerade erst wurde hier das inzwischen Afrikaweit eingeführte Gesundheitsinformationssystem installiert, aber noch sind die Voraussetzungen für dessen Umsetzung kaum gegeben. Eine bessere Datenlage würde helfen, Behandlungen nachzuverfolgen und Versorgungsleistungen besser planen zu können: Wo gibt es welche Bedarfe und wie kann die Versorgung der Menschen in den vielen Dörfern verbessert werden?

Aufbruch nach Nebobongo

Am Nachmittag brechen wir dann auf nach Nebobongo, südlich von Isiro. Wir besuchen das christliche Krankenhaus vor Ort, an dem die medizischen Arbeit der lokalen Kirche 1953 begonnen hat. Bis vor sechs Monaten war das Krankenhaus praktisch nur mit einer CESSNA zu erreichen. Seitdem gibt es eine ausgebaute Straße dorthin – nicht asphaltiert, aber in 90 Minuten schaffen wir die 60km problemlos. Vorher brauchte man für die Strecke mit dem Auto 4-6 Stunden und musste dieses mindestens 1-2 mal aus dem Schlamm ziehen. Ich bin gespannt, ob sich die bessere Verkehrsanbindung schon auf das Patientenverhalten oder den Zugang zu medizinischen Versorgung ausgewirkt hat.

In jedem Fall wird es Einfluss auf die weitere Entwicklung der Region haben, denn nun kann man ganz anders planen. Medikamente können seither in einer Zentralapotheke in Isiro gekauft werden. Es gibt also Fortschritte – auch im Kongo. Und dieses Mal waren es nicht die Chinesen, sondern der Gouverneur, der diese Straße in Auftrag gegeben hat. Auf dem Weg von Isiro nach Nebobongo fällt auf, wie viele Dörfer hier entstanden sind, Menschen siedeln entlang der Hauptstraße an – darunter auch Vertriebene aus den Minengebieten, die hier Sicherheit suchen. „Wie groß ist das Problem der Gewalt gegen Frauen hier?“, will ich wissen. Es gäbe Gewalt gegen Frauen, wird mir gesagt, aber es sei kein Hauptproblem in den Dörfern. Das sei eher ein Problem in den Regionen, in denen nach Mineralien – hier vor allem nach Gold – gesucht wird. Also um die Minen herum. Das trifft mit dem überein, was Dr. Denis Mukwege bei seinem Besuch in Tübingen sagte: „Die Gewalt gegen Frauen kommt vor allem durch den Kampf um die Rohstoffe.“

Erinnerungen an vergangene Zeiten

Ich darf im ehemaligen Missionarshaus von Nebobongo übernachten. Mama Rose und Mama Neema sind bereits am Kochen. Auf dem Weg dorthin hat Papa Gilbert eine wunderschöne Blumengirlande gebastelt. Er ist der Gärtner, und hier mitten im Regenwald ist alles grün. Bananenblüten gibt es zu Hauf und so werde ich mit Blumen und einem guten Essen willkommen geheißen: Kassavablättergemüse mit gekochten Bananen und einer Hühnersauce. Mama Rose und ihr Team kennen all die Missionare, die hier in den vergangenen 20 Jahren gelebt haben. Das sind schon besondere Beziehungen, die hier im Laufe der Zeit entstehen. Die Missionare sind längst weitergezogen, sind überall in Deutschland verstreut, aber für Mama Rose, Papa Gilbert und Mama Neema sind das besondere Erinnerungen. Am Sonntag wollen sie mir Briefe für die Familien mitgeben.

Partnerbesuch in einer fast vergessenen Region

Nach einer langen Reise kamen wir endlich in Arua im Nordwesten von Uganda an. In dem kleinen Ort an der Grenze zum Nordostkongo warteten bereits Sabine und Dr. Matthias Holmer. Sie waren aus dem Kongo rübergekommen, um einzukaufen, und nahmen mich direkt mit über die Grenze nach Aru im Ostkongo.

Gerade angekommen besuchen wir das Krankenhaus der CECA 20, eine evangelische Kirche im Kongo, mit der das Difäm auch in der Flüchtlingshilfe in der Stadt Bunia zusammenarbeitet. Ich spreche lange mit dem jungen leitenden Arzt Dr. Freddy, der Gynäkologe werden will: „Ich will den Frauen helfen. Sie haben so viele Probleme, und deshalb will ich mich hier weiterbilden.“ Einen Studienplatz für die dreijährige Weiterbildung hat er bereits in Kampala, Uganda. Nur die Studiengebühren fehlen ihm noch. Er hat eine unglaublich positive Art mit den Patienten umzugehen und engagiert sich in dem Krankenhaus. Die Entwicklungen in der Klinik bestätigen dies. Es ist selten, dass ein so junger Arzt bereit ist, in solch einer abgelegenen Gegend zu arbeiten.

Trotz Goldmine kaum Entwicklung

Um das Warten auf den kleinen Flieger abzukürzen, gibt es noch eine Tasse Kaffee auf der Missionsstation von Diguna. Der Flughafen in Aru, besteht aus einem kleinen Gebäude, das aber streng von Militär und Polizei bewacht wird. Wir sind hier ca. 180 km von einer großen Goldmine entfernt. Daher ist man hier nahe der Landesgrenze zu Uganda vorsichtig. Die Mine wird von Südafrika betrieben und wirft viel ab. Nur für die lokale Bevölkerung bleibt nichts übrig. Und man sieht es: in Aru hat sich in den vergangenen Jahren kaum etwas geändert. Die Menschen sind arm und die Jungen haben kaum eine Perspektive.

Nun ist der kleine Flieger des Missionsflugdienstes MAF auf der Sandpiste gelandet. Es gibt außer mir noch einen Passagier. Er kommt aus London und ist für ein Wild Life Consortium unterwegs. David Petersen, der Pilot wiegt jedes Gepäckstück genau ab, dann müssen wir selbst auf die Waage. Alles wird im Heck des Fliegers verstaut. Und ich steige zum ersten Mal in eine so kleine Maschine ein. Gut, dass der Himmel keine Zeichen von Gewitter hat. Und dann geht es auch schon los.

Wir fliegen in ca. 3000 Meter Höhe über den Regenwald. Selten sieht man mal ein Dorf. „Hier fliege ich manchmal zwei Stunden und sehe nur Wald unter mir“, erzählt mir David. Er fliegt seit vier Jahren mit MAF im Kongo. „Mir macht meine Aufgabe Spaß. Wir sind keine Airline, die primär Geld verdienen will. Wir sind da, um zu helfen. Manchmal fliegen wir auch Patienten aus abgelegenen Orten raus in das nächste Krankehaus.“ David ist in Burkina Faso geboren und lebt mit seiner Familie in Nyankunde nahe des großen Krankenhauses südlich, das – ebenso wie das Krankenhaus in Nebobongo, wo ich jetzt hinfliege -, von der britischen Ärztin Dr. Helen Roseveare gegründet wurde. Eine Pionierleistung.

Eine vergessene Region

Ich bin fasziniert über die Schönheit der Natur unter uns. Außer mit harmlosen Quellwolken muss sich unser kleiner Flieger mit nichts auseinandersetzen. Nach zwei Stunden Flug landen wir in Isiro und ich werde bereits erwartet: Der Kirchenpräsident Reverend Modibale der evangelische Kirche CECCA 16 im Kongo und seine Frau sowie Dr. Jean Claude und sein Team sind an den Flughafen gekommen.

Isiro ist die Hauptstadt der Provinz Haut Uele. Im Süden grenzt Haut Uele an die Provinz Nordkivu an, im Osten an die Provinz Ituri und im Norden an den Südsudan. Umringt von Krisenregionen ist es hier relativ ruhig. Aber es wird auch schnell deutlich, dass dies eine der vergessenen Regionen des Kongo ist. Es gibt kaum Infrastruktur – zum ersten Mal gibt sogar meine kongolesische SIM-Karte auf und von Internet ist weit und breit keine Spur.

In dieser Region gibt es keine Büros von Oxfam, World Vision oder Safe the Children… es bewegen sich keine Landcruiser von großen internationalen Organisationen auf der Straße und auch kein Auto der UN, wie man sie an vielen anderen Stellen in Afrika sieht. Die Stadt ist ruhig, auf den Straßen werden große Lasten auf Fahrrädern bewältigt. Wer von A nach B will, setzt sich auf ein Motorrad. Supermärkte – Fehlanzeige. Kleine Stände am Straßenrand verkaufen ein wenig Zucker, Seife, Streichhölzer und was man sonst noch alles braucht. Ein kleiner Markt versorgt die Bevölkerung mit Gemüse und Fleisch – ansonsten gibt es hier nicht viel. Da ist ein Besuch aus Deutschland etwas Besonderes, und so geht es gleich vom Flughafen zum Büro des regional Verantwortlichen für Gesundheit, dann zum Gesundheitsminister der Region und am nächsten Tag zum Gouverner der Provinz. Sie alle sind dankbar über die Unterstützung im Aufbau des Gesundheitssystems in der Region, die wir zusammen mit der Kirche CECCA 16 leisten.

Am Abend bin ich zum Haus des Vizepräsidenten eingeladen, zusammen mit Vertretern der Kirchenleitung der CECCA 16 und dem Büro für medizinische Arbeit der Kirche. Aber davor braut sich noch ein richtiges Gewitter zusammen. Jetzt tut die Abkühlung richtig gut. Es gibt Reis, gekochte Bananen und gekochte Kassavablätter mit Hühnchen. Nach dem langen Tag istes gut, wieder etwas Warmes im Magen zu haben.